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Jessica: Lesen lernen als Erwachsene – ein Kampf gegen die Stimme im Kopf

Beim Handyvertrag: „Die dürfen nicht merken, dass Du kein Wort verstehst.“ Beim Formular fürs Jobcenter: „Die dürfen nicht merken, dass Du nichts davon ausfüllen kannst.“ Bei den Reinigungsmitteln, die zu ihrer Arbeit als Hauswirtschafterin gehören: „Die dürfen nicht merken, dass Du die Flaschen nur an der Farbe erkennst.“ Die Stimme sorgt dafür, dass Jessica sich versteckt.

„Das Verstecken hat mich viel Kraft gekostet.“

Fast 20 Jahre lang hält sie sich an die Stimme in ihrem Kopf. Dann lernt sie ihren heutigen Freund kennen. Etwas mehr als zehn Jahre ist das her. Sie beginnt, ihm zu vertrauen und zeigt ihm einen Brief: „Kannst Du mir bitte sagen, was darinsteht? Ich kann das nämlich nicht lesen.“

Der Mann sagt: „Na klar.“ Und dann: „Du kannst auch als Erwachsene noch lesen und schreiben lernen, an der Volkshochschule.“ Jessica hört zum ersten Mal, dass es so etwas wie Volkshochschulen gibt.

Lesen und schreiben lernen für Erwachsene

Zum Glück bewilligt das Jobcenter Jessica den Kurs. Vor dem Erstgespräch hat Jessica Angst. Doch Andreas Brinkmann von der Volkshochschule kann sie beruhigen: „Es gibt ganz viele Menschen, denen es genauso geht.“

Bei ihrer Kursleiterin Sandra lernt sie endlich, richtig mit Schriftsprache umzugehen. Jessica wird selbstbewusster. In ihrem Alltag bittet sie nun fast immer um Hilfe. Sie stellt fest: Fast immer sind die Menschen zu dieser Hilfe bereit. Und die Stimme in ihrem Kopf? Die hat Jessica schon länger nicht mehr gehört. Vielleicht ist sie einfach weggegangen.

Du kannst jetzt lesen.

Das sagt die neue Stimme in Jessicas Kopf. Die Kursleiterin Sandra findet: Diese Stimme hat recht. Jessica hat es wirklich geschafft.

Rückblickend ist Jessica erleichtert, aber auch wütend. Sie hat viele Jahre geglaubt: Es gibt keine Erwachsene außer ihr, die nicht lesen und schreiben können. Heute fragt sie sich: „Wie kann das sein, wenn wir in Wirklichkeit 6,2 Millionen sind?“

Jessica setzt sich nun dafür ein, dass die Öffentlichkeit ebenfalls dazulernt. Sie wird künftig viel mit dem ALFA-Mobil unterwegs sein, damit sich bald niemand mehr so alleine fühlen muss wie sie. 

ALFA-Telefon

Viele Menschen haben Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Keiner braucht sich dafür zu schämen. Das ALFA-Telefon hilft. Das ist kostenlos. Man braucht seinen Namen nicht zu nennen.

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